Livin Area with Kitchenette

Es tat mir Leid ihn zu sehen, aber ich nahm mir vor die schlechte Laune heute nicht zuzulassen. Ich hatte meinen Bruder wieder, das war wunderbar, und ich würde mir das auch nicht nehmen lassen. Sein Kuss war schön, ich krallte mich vorsichtig in sein Oberteil und genoss den Geruch des Aftershaves.
"Vorlesungen, pff. Melden muss ich mich alsbald mal dort, das meiste aber geht über das Internet. Stud-IP sei Dank, habe ich mich eingeschrieben, da war ich noch nicht einmal hier." berichtete ich ihm mit einem Lächeln, ich mochte die Möglichkeiten der Technik und noch mehr war ich davon begeistert, dass die Vorlesungen auch aufgezeichnet werden würden. Wenn ich krank war, konnte ich so dennoch am Ball bleiben und würde kein Seminar verpassen... Dass ich auch schwänzen könnte und den ganzen Tag im Park abgammeln, während ich mir die Lesungen reinpfiff, daran dachte ich gar nicht. Ich strich mir durch mein Haar, das er wieder durcheinander gebracht hatte.
"Frühstück klingt gut, ich habe ewig nichts mehr gegessen. Ich würde aber auch gern ins Kino... Kann ich nicht beides haben? Einen richtigen Bruder-Schwester-Tag? Das wäre so cool." Ich strahlte ihn an. "Außerdem,"
Irritiert hörte ich auf das Klingeln, verzog entschuldigend meinen Mund und beugte mich vor um nach dem Handy zu greifen.
"Verzeih mir." entschuldigte ich mich, um den Anruf entgegen zu nehmen, denn es war unser Vater, und bei ihm nicht dranzugehen war nie eine gute Idee. Ich räusperte mich, setzte mich gerade auf und blickte auf den Tisch, während ich mich meldete. Erst als er aufgelegt hatte, wanderte mein Handy wieder auf den Tisch und ich sah zu meinem Bruder. Ich hatte mich aus dem Konzept bringen lassen. "Okay...wo waren wir?"

Ich erkannte die Stimme sofort und wandte mich ab, um Schluck für Schluck erst mein Glas und dann Ihres zu leeren. Blue klang wie immer vollkommen anders, wenn sie mit ihm sprach. Nicht mehr so aufgeweckt, nicht mehr so fröhlich und sie lächelte auch nicht mehr so viel. Das war nicht schön mit anzusehen.
Als sie wieder auflegte stand ich auf, um die Gläser in die Küche zu bringen.
"Ich bin für Frühstück. Ich muss heute irgendwann nochmal ins Studio, und wenn ich Pech hab geht das bis spät in die Nacht. Lass uns Kino verschieben. Dann kriegst du einen ganzen Tag, ok?"
Ich zwinkerte ihr zu und suchte mir dann im Bad ein Paar Socken, das nicht zu benutzt roch und zog meine Schuhe an.
"Außerdem möchte ich im Hellen mit meiner Schwester angeben, wenn du schon hier bist."
Ich grinste sie an, lief wieder zu ihr und wuschelte ihr durchs Haar.
"Und solange keiner weiß, wie wir verwandt sind, könntest du ruhig ein bisschen verwegener aussehen."
Meine Gitarre suchend wandte ich mich wieder ab, packte sie in ihre Hülle und steckte einen Ersatzstift ein.
"Was wollte... ach vergiss es."
Kopfhschüttelnd lief ich zur Garderobe, um meine Jacke anzuziehen. Ich war zwar ein neugieriger Mensch, aber ich würde nicht so tun, als würde ich mich für unseren Vater interessieren.

"Frühstück klingt sehr gut, mein Lieber, und hatte Lil nicht irgendwas von vierzehn Uhr gesagt? Du meine Güte, es hat schon einen Grund, warum sie dich nochmal erinnern soll, nicht?" Ich lachte amüsiert, denn so kannte ich ihn, und es wunderte mich ein wenig, dass er so erfolgreich sein konnte, während er noch immer nicht das Mindesmaß an Pünktlichkeit oder berufliche Verlässlichkeit besaß. Er war einfach unverbesserlich, und das fand ich richtig toll.
"Wobei ich natürlich gern zum Vorführobjekt werde. Angeben mit mir, als hätte das jemals funktioniert. Unsere Wahrnehmungen von mir sind sehr verschieden, glaube ich." Ich ließ es zu, dass er mir durch das Haar strich, und blickte ihn dann fragend an. "Verwegener also, so so. Nun, wie wäre es damit?"
Ich verbeugte mich, sodass mein Haar aufgelockert wurde, und brachte es mit Schwung wieder hinter mich. Mit den Händen kämmte ich es über meine linke Seite und nahm die Klammer, die mein Pony gezügelt hatte, und ein ledernes Band, das warum auch immer auf dem Boden lag, und befestigte beides in meinem Haar.
Amüsiert blickte ich ihn an und kokettierte ein wenig. "Na, du Rockstar, was hältst du davon? Noch blutrote Lippen und man kann sich fast mit mir sehen lassen, oder?"
Ich lachte erneut und boxte ihm in die Seite. "Guck nicht so ernst, den Rock schiebe ich nicht weiter hoch. Aber ich kann ja ein paar Löcher in die Strumpfhose schneiden."

Ich beobachtete ihre Wandlung. Darin war sie schon immer gut gewesen. Im biederen Schulmädchenoutfit aus dem Haus und dann als Rockröhre wieder aus dem Bus gestiegen. Mit ganz wenigen Handgriffen konnte dieses Mädchen sich verändern, wie kein Anderes. Gott, das bewunderte ich an ihr und nun grinste ich sie an, als ich sie an mich zog und ihr einen Kuss auf die Lippen hauchte.
Ich hatte immer gedacht, das sei zwischen Familienmitgliedern was ganz normales gewesen. Meine Mutter war damals fast in Ohnmacht gefallen. Doch Blue und ich hatten uns das nicht abgewöhnt. Im Gegenteil.
"Zieh dein Shirt entweder ein bisschen hoch oder runter. Ich mag noch ein bisschen mehr Haut sehen. Dann bin ich glücklich.", erwiderte ich nun und verließ dann lachend mit ihr die Wohnung. Gott, ich liebte es, wie schnell sie mich immer wieder zum lachen brachte, wie sie meine Stimmung mit einem einzigen Gesichtsausdruck hob, oder mit einem Wort Wunden heilte, von denen ich nicht mal wusste, dass es sie gab.
Draußen legte ich einen Arm um sie, lief mit ihr zur nächsten großen Straße und rief uns ein Taxi, um damit zum Central Café zu fahren.
""Wie immer einen extrastarken Kaffee und französisches Frühstück?"

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